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Politprofis am jewpa

Auch die zwei Nationalräte Irène Kälin und Cédric Wermuth waren beim jewpa dabei. Sie unterstützten die Teilnehmenden bei der Kommissionsarbeit mit Ihrer parlamentarischen Erfahrung. Danach fanden Sie auch noch Zeit für ein kleines Interview.

Sie beide nehmen als Politikexperten am jewpa teil und haben die jungen Parlamentarier in den Kommissionen begleitet. Was war genau ihre Aufgabe?

Irène Kälin: Wir sollten vor allem über die organisatorischen Rahmenbedingungen einer solchen Kommission informieren. Ich war sehr positiv überrascht, wie gut und gesittet die Diskussionen abgelaufen sind und auch wie klar strukturiert es gewesen ist. Es ist ja normal, dass man versucht, in einer Kommission die verschiedenen Meinungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Das konnten die Teilnehmenden hier fast besser als die politischen Parteien.

Cédric Wermuth: Ich habe mich fast mehr an parteiinterne Diskussionen als an das Parlament erinnert gefühlt, als es um die Frage ging, wer welche Flügel repräsentiert. Auch wie man intern mit diesen Fragen umgeht und wie es demokratisch legitimiert ist. Das war sehr spannend, wie auch mein Eindruck, wie gross das Bewusstsein dafür ist, dass es sich dabei um sehr heikle Fragen handelt.

Was war in ihrer jeweiligen Kommission das umstrittenste Thema? Konnten sie dabei ihre Erfahrungen einbringen?

Cédric Wermuth: In der Kommission Politik, in der ich gewesen bin, gab es zwei solche Themen. Einerseits die Frage nach der Rolle des SIG: Steht der SIG eng definiert für die Religionsgemeinschaft oder ist er eine politische Organisation im weiteren Sinn, die sich beispielsweise auch zu Flüchtlingsfragen äussert. Andererseits stand auch die Frage im Raum, wie man damit umgeht, dass es zwei jüdische Dachorganisationen gibt und ob dies die Position der Schweizer Juden schwächt oder stärkt.

Irène Kälin: Ich war in der Kommission Religion und hatte mehr eine Zuhörerinnen-Rolle, da ich ja selber nicht jüdisch bin. Ich fand es sehr spannend. Die Kommission hat sich vor allem mit Mischehen und der damit einhergehenden Probleme, heute vor allem für junge Menschen, beschäftigt. Die Kommissionsmitglieder haben sich überlegt, was ihnen von Nutzen sein, aber auch was den Gemeinden dienen würde, um nicht weiter Mitglieder zu verlieren. Es ging dabei zum Beispiel um die minimale Öffnung gegenüber nicht-jüdischen Partnern und der nicht als jüdisch geltenden Kindern von jüdischen Vätern. Ich finde das eine sehr reflektierte Haltung von jungen Menschen, die auch möchten, dass ihre Gemeinschaft überlebt.

Wie haben sie das Engagement der Teilnehmenden erlebt?

Cédric Wermuth: Sehr gut! Sie waren engagiert, gut vorbereitet und auch gewillt zu diesen Fragen, die heute aufgeworfen wurden, wirklich ernsthaft etwas beizutragen.

Irène Kälin: Ich kann das nur unterstreichen. Mir ist jedoch aufgefallen, dass es offenbar für viele einfacher ist, sich auf Englisch statt in einer Landessprache zu unterhalten – das ist aber auch ausserhalb eines jüdischen Jugendparlaments ein Problem. Ich finde es einen grossen Gewinn für unser Land, dass wir mehrsprachig sind und finde es auch sehr wichtig, dass unsere Jugendlichen zumindest eine andere Landessprache verstehen.

Cédric Wermuth: Das meine ich auch und es ist mir auch schon öfters bei anderen Veranstaltungen aufgefallen. Nichts gegen Englisch, aber das ist doch nicht das, was dieses Land zusammenhält.

Ist die politische Partizipation der jungen Menschen in Form eines Jugendparlaments zu fördern oder gäbe es andere, besser geeignete, Möglichkeiten?

Irène Kälin: Ich denke, dass man das unbedingt fördern muss. Ich denke aber auch, dass es an der Zeit wäre, eine Senkung des Stimmrechtsalters in Angriff zu nehmen. Jugendparlamente sind etwas Gutes, um zu lernen und Übungsdebatten zu führen. Viele junge Menschen, so meine ich, sind aber schon bereit, sich in einer richtigen Debatte einzubringen und ihre Stimme verbindlich abzugeben.

Cédric Wermuth: Das jewpa ist ja schon ein eingeengtes Jugendparlament, bewusst für jüdische Jugendliche. Ich finde das ideal für die heutige multikulturelle Gesellschaft. Wir haben ja alle multiple Zugehörigkeiten. Da kann das Jugendparlament ein Teil davon sein. Ich möchte diese Form aber nicht gegen Jungparteien oder andere Partizipationsmöglichkeiten ausspielen. Ich finde es wichtig, dass man in der demokratischen Auseinandersetzung lernt, dass es verschiedene Foren gibt. Wichtig ist dabei aber auch, dass man am Schluss solchen Foren auch ernsthaftes Gewicht gibt. Ich habe grosse Mühe mit Jugendveranstaltungen, die dann danach von den sogenannten «Alten» nicht ernst genommen werden.

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